Das Bundesinnenministerium hat heute die neonazistische Terrororganisation „Combat 18“ (C18) nach dem Vereinsgesetz verboten. Das Verbot wurde bereits im vergangenen Jahr durch Horst Seehofer angekündigt. „Damit hat der Innenminister den Nazis genug Zeit gegeben, belastende Materialien zu entsorgen und sich ausreichend vorbereiten zu können“, kritisiert Kim Schmidt, Sprecherin der Autonomen Antifa 170. „Zentrale Figuren konnten sich so bereits den Strukturen und damit auch der Strafverfolgung entziehen. Dem Verbot kommt damit vor allem ein symbolischer Charakter zu“. Zudem komme das Verbot laut der Dortmunder Antifa-Gruppe viel zu spät. Seit Jahren agiert in Dortmund eine C18-Zelle rund um „Oidoxie“-Frontsänger Marko Gottschalk und Robin Schmiemann.
„Dass zwar das Netzwerk Blood&Honour Deutschland 2000 verboten wurde, nicht aber Combat 18, was als bewaffneter Arm von Blood&Honour gilt, zeigt wieder einmal das typische Agieren der deutschen Sicherheitsbehörden gegen Nazis. Wie so häufig wurde hier viel zu inkonsequent und zu spät reagiert“, so Schmidt. Warum damals nur ein Teil einer Terrororganisation verboten wurde, wirft viele Fragen auf. In NRW wurde heute Morgen lediglich die Wohnung von Robin Schmiemann durchsucht. Dabei sprach selbst der Innenminister NRWs in der Vergangenheit von zwölf Mitgliedern des Netzwerkes in NRW, vier davon in Dortmund. „Wieder einmal machen die Behörden deutlich, wie sicher man sich als Nazi in einer Terrororganisation in Deutschland fühlen kann“, bewertet Schmidt, „Das ist ein Zeichen an andere Nazis, dass sie unbehelligt weiteragieren können. Das staatliche Verbotsverfahren kommt damit Symbolpolitik und einer reinen PR-Aktion gleich.“
In der Pressemitteilung des BMI werden Combat 18s Tätigskeitsfelder mit dem Vertrieb rechter Musik und Merchandise sowie der Organisation von Konzerten beschrieben. „Das Innenministerium verkennt hier völlig den Ernst der Lage“, so Kim Schmidt, „Combat 18 ist eine Neonazi-Terrorgruppe, die sich nach dem Prinzip des ‚Führerlosen Widerstands‘ organisiert. Schießtrainings und vergangene Gewalttaten der Gruppe zeigen deutlich, dass es sich bei C18 nicht um eine Rechtsrockmarketingagentur handelt.“
In Dortmund spielt Combat 18 schon lange eine wichtige Rolle. So erschoss Michael Berger im Jahr 2000 drei Polizist*innen und anschließend sich selbst. Berger, der von der mittlerweile verbotenen Kameradschaft „Nationaler Widerstand Dortmund“ für die Tat „gefeiert“ wurde, hatte vorher an Schießübungen von Combat 18 teilgenommen.
Die Dortmunder Band Oidoxie ist eng mit C18 verbunden. Um ihren „Saalschutz“, die „Oidoxie Streetfighting Crew“, entstand um das Jahr 2003 eine Gruppe, die C18 umsetzen wollte. Auch Robin Schmiemann zählte zu dieser Gruppe. Er tritt auf Demonstrationen der Dortmunder Neonazis noch heute regelmäßig in C18-Klamotten und in einem Video der Gruppierung als deren „Pressesprecher“ auf. Schmiemann beging außerdem einen Raubüberfall, bei dem er einen Tunesier mit einer Schusswaffe lebensgefährlich verletzt hatte.
Der V-Mann des Verfassungsschutzes Sebastian Seemann – ein enger Freund Schmiemanns – lieferte den Sicherheitsbehörden bereits vor über 10 Jahren Informationen über Waffen und Aktivitäten der Dortmunder C18-Zelle. „Dass die Sicherheitsbehörden trotz der Vielzahl an Hinweisen und Informationen untätig blieben, steht symbolisch für das Agieren des Staates gegen Naziumtriebe in Dortmund“, so Kim Schmidt. „Dass mit dem Wissen, dass sich die Dortmunder Nazis radikalisieren und bewaffnen, nach dem Mord an Mehmet Kubaşık schon nicht in diese Richtung, sondern stattdessen im Umfeld des Opfers ermittelt wurde, zeigt das strukturelle Wegsehen und den strukturellen Rassismus der Behörden“. Während einer Befragung gab eine Zeugin damals an, sie habe nach dem Mord zwei Personen den Kiosk verlassen sehen und äußerte die Vermutung, dass es sich hierbei um Nazis handelte. Dieser Spur wurde nicht nachgegangen. Die Frage nach der Verstrickung von Combat 18 in den rechten Terror des NSU ist nach wie vor unbeantwortet. Das Verbot von C18 wird einer Aufklärung wohl eher weniger zuträglich sein. Stattdessen dürfte es einem Schlussstrich Vorschub leisten. C18 verboten, Fall abgeschlossen, alles andere Spekulation, Punkt.
Daher fordert die Autonome Antifa 170 weiterhin ein konsequentes Vorgehen auf verschiedenen Ebenen gegen rechte und rechtsterroristische Strukturen: „Wir können uns im Kampf gegen Rechts nicht auf den Staat verlassen“.