Mehrere hundert Menschen gedachten am Freitag in der Bittermark den Zwangsarbeiter_innen und Wiederstandkämpfer_innen, die dort kurz von Ende des II. Weltkriegs von Gestapo und SS erschossen wurden. In Reden wurde an die Toten erinnert und gefordert, aus den Verbrechen der Nationalsozialisten Konsequenzen für die heutige Gesellschaft zu ziehen. Ein Kinderchor und ein Blasorchester sorgten für den musikalischen Rahmen.
Das Gedenken in der Bittermark findet jedes Jahr am Karfreitag statt. In der Karwoche 1945 wurden über 300 Menschen aus den Lagern und Gefängnissen im Dortmunder Umland in den Rombergpark und die Bittermark gebracht und dort ermordet. Die alliierten Truppen standen bereits kurz davor, Dortmund einzunehmen, als die Neonazis in letzter Minute versuchten, möglichst viele ihrer Gegner_innen mit in den eigenen Untergang zu reißen.
Auf der Veranstaltung redeten neben Ernst Söder, dem Vorsitzenden des Internationalen Rombergpark-Komitee auch Birgit Jörder, Bürgermeisterin der Stadt Dortmund und Reinhard Rauball, Präsident von Borussia Dortmund. Fans des Vereins gedachten mit einem Gedächtnislauf dem früheren Platzwart Heinrich Czerkus, der als Kommunist im Widerstand aktiv war und 1945 im Rombergpark erschossen wurde. Während der Feier stellten Anhänger_innen des BVB exemplarisch die Lebensläufe von Czerkus und zwei weiteren Widerstandskämpfern aus den Reihen des Vereins vor.
Es ist gut und wichtig, dass seit langer Zeit in der Bittermark Gedenkveranstaltungen stattfinden. Die Erinnerung an die Opfer der deutschen Volksgemeinschaft ist ein wichtiger Aspekt der antifaschistischen Arbeit, die hier von Seiten der Stadt und seit diesem Jahr auch des BVB mitgetragen wird.
Geärgert hat uns jedoch das Ungleichgewicht zwischen den in den Reden geäußerten Positionierungen gegen Rassismus und rechter Ideologie und dem Alltag in dieser Stadt. Frau Jörder fordert auf, Rassismus zu bekämpfen, verliert aber kein Wort darüber, das die Stadt Dortmund alltäglich Menschen abschiebt, die den schlechten Lebensbedingungen ihrer Heimat entfliehen wollen und in diesem Land um Aufnahme ersuchen.
Auch Herr Rauball geht in seiner Erinnerung an die Miglieder des BVB im Widerstand darüber hinweg, dass Heinrich Czerkus und die anderen Kommunist_innen sich heute wohl kaum Willkommen fühlen würden in einem Verein, der in seiner Stadionordnung Links- und Rechtsextremismus in einem Atemzug verbietet.
Czerkus und seine Mitstreiter_innen standen nicht nur für den Kampf gegen Nazis ein, sondern auch für eine Gesellschaft, die ohne Kapitalismus und bürgerliche Gesellschaft auskommt, in der Produktion gemeinschaftlich und nach dem Bedarf der Menschen organisiert wird. Ihre politischen Erben werden bis heute vom deutschen Staat bekämpft. Von daher bleibt trotz würdigem Gedenken ein bitterer Nachgeschmack und die Erkenntnis, dass Gedenken in Deutschland nicht der Änderung, sondern der Stabilisierung des herrschenden Gesellschaft mit all ihren Missständen dient.