Wir haben uns letzten Samstag, 29. Februar, am Spaziergang gegen Videoüberwachung in der Münsterstraße beteiligt. Unser Fokus lag dabei auf weiteren staatlichen Überwachungsmaßnahmen, die zuletzt auch die einschlägig bekannten Straßenzüge in Dorstfeld betreffen, die viele Nazis der Partei Die Rechte bewohnen. Doch warum die augenscheinliche Repression gegen Nazis kein Grund zum Feiern ist, haben wir in unserem Redebeitrag deutlich gemacht:
„Wir sind 2018 auf diese Straße gegangen, um gegen das neue Polizeigesetz in NRW zu protestieren und jetzt zeigt sich Stück für Stück, wogegen wir da demonstriert haben: Was vor einiger Zeit noch undenkbar war, wird mit dem neuen Gesetz schnell umsetzbar: Die Ausweitung der Kameraüberwachung.
Einige freuen sich und feiern die Maßnahme zur Überwachung des Nazi-Hotspots in der Emscherstraße, da der Rechtsstaat vermeintlich eine harte Hand gegen Nazis zeigen würde. Und ja, auch wir machen uns stark für ein „Gegen Nazis auf allen Ebenen“ und kommen nicht um ein Schmunzeln herum, wenn Nazis von Cops kassieren. Aber trotzdem strahlen wir nicht vor Freude bei der Ankündigung der Kameraüberwachung der Emscherstraße – und dazu haben wir mehrere Gründe:
1. ist es erschreckend, wie die Polizei die leere Worthülse „Angstraum“ aufgreift, um eine Kameraüberwachung zu legitimieren. Auch wenn sich bestimmt bei vielen ein Unwohlsein einstellt, wenn sie daran denken, durch die Emscherstraße zu laufen, stellt sich doch die Frage: Was genau ist – im juristischen Sinne – ein Angstraum? Denn, auch wenn die Emscherstraße eine Ort voller gefährlicher Menschen ist, ist dort eine recht geringe Kriminialitätsrate. Und bei allem Hass gegen Nazis: Eine solche massive Maßnahme muss juristisch legitmiert sein, statt auf fadenscheinige Begriffe zurückzugreifen, um nicht als Präzedenzfall für willkürliche Maßnahmen zu gelten – Wir denken einmal kurz an die Hufeisen– oder Extremismus-Theorie, nach der rechts und links gleichgesetzt werden und die sich in viel zu viele Köpfe eingebrannt hat. Maßnahmen, die gegen rechts durchgeführt werden, finden so auch oft bei anderen Gruppen Anwendung. So z. B die Ausreisesperre, die die Nazis am letzten Wochenende traf – Fußballfans können ein Lied davon singen und auch Linken wurde bereits die Anreise zu Protesten verwehrt.
2. geht von den Menschen in der Emscher- und den umliegenden Straßen eine große Gefahr aus, was wir an dieser Stelle betonen wollen. Doch dass ausgerechnet hier eine Kameraüberwachung geplant wird, zeigt auch die Wirkung der jahrelangen Stilisierung des „Dorstfelder Nazikiezes“ durch die Medien und auch die Nazis selbst. Nazis leben nicht nur in den wenigen Straßenzügen und ihre Aktivitäten begrenzen sich nicht darauf. Mit Kameraüberwachung in der Emscherstraße wohnen sowohl die Jungkader seelenruhig in der Siepenmühle und der Combat18-Nazi Marko Gottschalk kann unbeobachtet in Brechten ein und ausgehen. Vielleicht macht man es den Nazis etwas ungemütlicher, geheime Treffen in der Emscherstraße stattfinden zu lassen. Aufhören wird die internationale Vernetzung dadurch aber nicht. Hier zeigt sich also mal wieder das höchstens halbherzige und eher auf Symbolik ausgelegte Vorgehen der Polizei im Kampf gegen Neonazis.
3. Und das ist ein zentraler Punkt, den wir nicht müde werden zu betonen: Im Kampf gegen Nazis gibt es kein Vertrauen auf Staat und Polizei.
Nicht nur, dass es auch dort Nazis gibt, wie zuletzt bei der Polizei in der Nachbarstadt Hamm bekannt wurde, sondern auch, weil staatliche Behörden die Gefahr durch Rechte immer wieder relativieren. Ein Beispiel: Der NSU und der Staat. Vor 2006 hatte der Dortmunder Staatsschutz zahlreiche Kenntnisse über eine Radikalisierung und Bewaffnung der Nazi Szene. Was hat der Staat getan? Nichts. 2006 wird Mehmet Kubaşık ermordet und eine Zeugin vermutet als verdächtige Personen Nazis. Was hat der Staat getan? Er hat die Spur ignoriert und weiter in rassistischer Manier versucht die Täter*innen im persönlichen Umfeld des Opfers zu finden.
Im Kampf gegen Rechts hilft nur eins: Ein konsequenter Antifaschismus – und den muss man nunmal selber machen. Und zwar auf allen Ebenen: Jegliche Zusammenarbeit mit der AfD und Parteien, die weiter rechts stehen, gilt es abzulehnen. Wir müssen auf Missstände aufmerksam machen und dagegen protestieren. Der Protest gegen den Thor-Steinar-Laden ist nur ein Beispiel dafür, wie viel solcher Protest bewirken kann. Bleiben wir solidarisch gegen Nazis und skeptisch gegenüber den Heilsversprechen des Überwachungsapparates. „