Die Naziszene in Dortmund-Dorstfeld ist so schwach wie in den letzten Jahren schon lange nicht mehr. Dass von ihnen aber immer noch eine Gefahr ausgeht, zeigt die Exif-Recherche zu den Hammerskins, die in den letzten Monaten für einigen Aufruhr sorgte.
Was sind die Hammerskins?
Die Hammerskins sind eine der am längsten kontinuierlich agierenden Neonazi-Organisationen. Sie sind weltweit in der „Hammerskin Nation“ organisiert. 1988 formte sich in Dallas mit den „Confederate Hammerskins“ der erste Ableger. Von da an kamen fast weltweit neue Ableger hinzu, ihre Organisationsstruktur wurde zu großen Teilen von denen der Rocker-Clubs übernommen. In Deutschland existieren 13 „Chapter“, also Ableger.
Ihr Erkennungszeichen sind die zwei überkreuzten Hämmer, welche sie wie auch ihren eigenen Gruß (die Arme vor der Brust gekreuzt, die Hände zu Fäusten geballt) aus dem 1982 erschienenen Film „The Wall“ übernommen haben. „The Wall“ basiert auf dem gleichnamigen Konzeptalbum der Band „Pink Floyd“.
Die Hammerskins verstehen sich selbst als Elite innerhalb der Neonaziszene. Sie haben kein Interesse an Öffentlichkeit oder Berichterstattung und schotten sich gegenüber anderen Nazis deutlich ab, um ihre klandestinen Aktionen zu planen. Sie sind aber auch dafür bekannt, starke Strukturen zu stellen, wenn es um die Organisation von Veranstaltungen geht. So organisieren sie jährlich das sogenannte „Hammerfest“, zu dem Hammerskins und ihre Familien aus ganz Europa zusammenkommen. Mit dieser Struktur unterstützen sie aber auch regelmäßig andere Nazi-Strukturen bei ihren Veranstaltungen.
Widerspruch zwischen Öffentlichkeit suchenden Nazis in Dortmund und Hammerskins
Abgesehen von ihrem Organisationsniveau scheinen die „Hammerskins“ erstmal nicht viel mit den Dortmunder Nazis gemein zu haben. Gerade in Bezug auf Öffentlichkeitsarbeit lassen sich hier zwei ziemlich gegenläufige Konzepte feststellen. So betteln die Nazis rund um „Die Rechte Dortmund“ bei nahezu jeder Möglichkeit um Aufmerksamkeit, um ihren Mythos von einem „Nazi-Kiez“ aufrecht zu erhalten.
Die Vernetzung zwischen Hammerskins und Dorstfelder Nazis ist aber trotz der durchaus verschiedenen Konzepte lange gewachsen. 2009 beispielsweise fand in Belgien ein Konzert statt, welches von den Hammerskins organisiert wurde. Das Konzert wurde zur Unterstützung des „Nationalen Antikriegstags“ durchgeführt, welcher von der mittlerweile verbotenen Neonazikameradschaft „Nationaler Widerstand Dortmund“ (NWDO) organisiert wurde. Auch die Aufmarschreihe „Tag der deutschen Zukunft“, bei der Dortmunder Nazis maßgeblich an der Organisation beteiligt waren, wurde durch Konzerte finanziell unterstützt.
Doch nicht nur mittels Geld, sondern auch personell unterstützen Hammerskins die Dortmunder Nazis. So stellten Mitglieder des Chapters „Westwall Hammerskins“ den Sicherheitsdienst für ein Konzert anlässlich des 60. Geburtstags von Siegfried Borchardt. Bei einem Solidaritätskonzert für den NWDO in Herne reiste das Chapter „Bremen“ an, um den Dortmunder Saalschutz zu unterstützen.
Aber auch andersherum funktioniert die Zusammenarbeit. 2012 wurde den Hammerskins angeboten, die Musikanlage des NWDO für ein Konzert auszuleihen, „Für einen kleinen Beitrag in die Kameradschaftskasse“, versteht sich.
Hammer Freundschaft
Ein Dortmunder Nazi, der sich besonders viel mit Hammerskins umgibt, ist der Landesvorsitzende von „Die Rechte“ Alexander Deptolla. In welch tiefer Verbindung er zu den Hammerskins steht, zeigt seine Einladung zur 10-Jahres-Feier des Chapters „Westmark“, zu welchem er zusammen mit Dietrich Surmann am 26. Januar 2013 anreiste. Dass zeitgleich das jährliche „European Officers Meeting“ – die wichtigste Zusammenkunft der Hammerskins europaweit – stattfand, zeigt, dass nur der engste Vertrautenkreis zu so einer Feier eingeladen war.
Eine weitere lange Beziehung zwischen Alexander Deptolla und den Hammerskins lässt sich bei der Betrachtung der Neonazi-Kampfsportveranstaltung „Kampf der Nibelungen“, kurz KDN, feststellen.
2013 erstmals noch unter dem Namen „Ring der Nibelungen“ in Rheinland-Pfalz stattfindend beginnt die Geschichte dieses Sammelbeckens für gewaltsuchende Neonazis aller Strömungen im kleinen Kreise als reines Hammerskin-Event, was sogar die Bundesregierung 2018 auf eine kleine Anfrage bestätigen musste.
Federführend an Aufbau und Organisation des KDN war von Anfang an der Europa-Chef der Hammerskins Malte Redeker. So trat er 2014 beispielsweise als Mieter der „Funsport Arena“ auf, in der bereits 2013 der KDN stattgefunden hat. Allerdings gab er nicht den KDN als ausrichtende Organisation an, sondern den „Boxclub Dortmund“, eine Gruppe von Neonazi-Hools rund um den Dortmunder Timo Kersting. Neben seinen organisatorischen Aufgaben stieg Redeker aber auch regelmäßig selbst in den Ring, beim KDN meist als Ringrichter wie z.B. 2015 in Hamm oder 2020 in Schmölln.
Doch was hat der Dortmunder Neonazi und heutige Landesvorsitzende der Kleinstpartei „Die Rechte“ mit all dem zu tun? Ganz einfach. Er ist seit Beginn zusammen mit Redeker einer der Hauptorganisatoren des KDN. Selbst vor der Zeit des KDN war er schon Teil eines rechten MMA-Teams und reiste zusammen mit Timo Kersting zu einem Event des neonazistischen Kampfsportlabels „White Rex“ nach Jekaterinburg. Kurz darauf sah man ihn bei einem rechten Kampfsportturnier in Italien.
Deptollas Kontakte zu anderen rechten Kampfsportlabels und seine Vernetzung in rechte Hooliganszenen dürften vor allem dazu beigetragen haben, dass der KDN von Nazis angenommen wurde und sich zu einem der wichtigsten Treffpunkte der gewaltbereiten Szenen entwickelt hat. Kaum eine andere Veranstaltung schafft es, so viele Neonazi-Strömungen zusammen zu bringen: Hooligans, Hammerskins, Parteikader.
Darüber hinaus sorgt Deptolla dafür, die Verwicklung der „Hammerskins“ in den KDN unsichtbar zu machen. So tritt er öffentlich als Veranstalter und Chef des KDN auf und macht Werbung für „sein Event“ in allen Medien, die gerne möchten. Eine Möglichkeit, die die Hammerskins niemals alleine hätten. Interviews mit Fernsehsendern wie „Pro 7“ passen dort schlicht nicht ins klandestine Konzept.
Darüber hinaus werden die Ticket- und Merchandiseverkäufe des KDN auf seinen Namen und seine Geschäftsadresse in der Wörthstraße 28 in Dortmund-Dorstfeld abgewickelt.
Doch auch außerhalb ihrer organisatorischen Zusammenarbeit scheinen Alexander Deptolla und Malte Redeker viel gemein zu haben. So sah man sie beispielsweise zusammen beim „Tag der deutschen Zukunft“ (TDDZ) in Karlsruhe. Die beiden verbringen aber auch ihre Freizeit fernab von politischem Aktivismus zusammen. So sah man die beiden z.B. beim gemeinsammen Mallorca-Urlaub 2017. Dort feierten sie exzessiv mit anderen Neonazis aus den Kreisen des KDN und drängten sich mit ihren Eskapaden im „Bierkönig“ in die Öffentlichkeit. Wie unterschiedlich und offen gegenüber anderen rechten Stömungen die Naziszene rund um den KDN ist, zeigt nicht zuletzt auch, dass es für die Feier-Nazis um Redeker und Deptolla keine Konsequenzen gab, obwohl sie wegen ihrer Eskapaden bei einem Kampfsportturnier in Frankreich durch Abwesenheit glänzten, während der restliche Teil der KDN-Orga anwesend war.