In den elf Monaten seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel, während sich aktuell noch immer 101 Geiseln in der Gewalt islamistischer Gruppen im Gaza-Streifen befinden, kam es in Deutschland, auch in Dortmund, immer wieder zu antisemitischen Vorfällen wie z.B. Demonstrationen oder antisemitischen Graffiti. Vorgestern (04.09.2024) kam es zu einem weiteren traurigen Höhepunkt. Im „Dortmunder U“ sollte der Dokumentarfilm „Screams before silence“ gezeigt werden. Er thematisiert die sexualisierte Gewalt gegen Frauen unter anderem auf dem Nova Festival und den sexuellen Missbrauch, den Frauen wie Amit Soussana während ihrer Gefangenschaft im Gaza-Streifen erfahren haben. Schon vor dem Start des Films kam es zu Störungen von ca. 30 propalästinenischen Aktivist:innen, unter anderem eines Tiktok-Streamers. Zum Teil sollen Teilnehmende dieses Störversuchs bereits in dem Student:innencamp der Students for Palestine an der TU aufgetreten sein. Nach einem ausgelösten Feueralarm musste die Veranstaltung aufgrund von Störaktionen im Saal ganz abgesagt werden. Es ist leider kein neues Phänomen, regelmäßig werden antisemitismuskritische Veranstaltungen seit dem 07.10. aufgrund von Sicherheitsbedenken abgesagt – aber dieser Fall bestürzt umso mehr.
So zeigt sich hier sehr offen der antisemitische Charakter dieses Protestes, aber auch die enge Verknüpfung von Antisemitismus und Antifeminismus. Israelischen und vorallem jüdischen Frauen werden die erlebten Gewalterfahrungen per se nicht geglaubt, zum Teil werden sie öffentlich als Lügnerinnen dargestellt, zum Teil als Frauen auf der Suche nach Aufmerksamkeit. Es wird über den psychischen Zustand in Interviews, wie z.B. über den Zustand von der in dem Film zu sehenden Amit Soussana geurteilt und Opfer von sexualisierter Gewalt verächtlich gemacht. Dieses konsequente Absprechen von sexualisierter Gewalt an Frauen wird natürlich noch absurder, wenn man bedenkt, dass die Hamas selbst es war, die Videos von ihren eigenen Gewalttaten online gestellt hat, um sich mit genau dieser Gewalt zu brüsten.
Die Störung der Veranstaltung vorgestern reiht sich damit ein in eine seit Monaten stattfindende Kampagne gegen israelische, damit v.a. jüdische Frauen, mit dem wahlweisen Ziel der Verächtlichmachung oder der Unsichtbarmachung wie in diesem Fall. Es zeugt von einer besonderen Art der Verachtung, Frauen, die Opfer von sexualisierter Gewalt geworden sind, auch noch die Möglichkeit der Selbstermächtigung durch Verbreitung ihrer Erfahrungen zu nehmen. Die Protestierenden machen sich extrem unglaubwürdig, ob es ihnen tatsächlich um das zu Recht zu beklagende Leid der palästinensichen Zivilbevölkerung geht oder nicht doch einfach nur um die Verachtung jüdischen Lebens im Allgemeinen und die Verachtung von jüdischen Frauen im Besonderen. Wir verurteilen diese antisemitische Störaktion zutiefst und hoffen auf eine baldige friedliche Wiederholung der Veranstaltung.
Wir bleiben solidarisch mit den Opfern des 07.10. und damit auch mit den Frauen, die an dem Tag oder den folgenden Monaten Opfer sexualisierter Gewalt geworden sind, die zum Teil immer noch in der Gewalt der Hamas oder anderer islamistischer Gruppen im Gaza-Streifen sind. Wir wünschen ihnen die nötige Kraft. Wir hoffen auf die baldige Freilassung aller restlichen Geiseln, damit Familien endlich Sicherheit haben über den Verbleib ihrer Liebsten und eine Befriedung des Konflikts, der viel zu viele Opfer gefordert hat.