Gedenken an Mehmet Kubaşık

Etwa 200 Menschen versammelten sich heute im Dortmunder Norden, um an Mehmet Kubaşık zu erinnern. Der Kioskbesitzer war am 4. April 2006 in seinem Geschäft von Mitgliedern der Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) erschossen worden.

Die Veranstaltung begann mit einer Kundgebung am Tatort, der Mallinckrodtstraße 190. Von dort aus zogen die Teilnehmer_innen zur Steinwache am Dortmunder Hauptbahnhof. Hier, wo auch schon an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert wird, soll ein Mahnmal für alle neun Opfer des “NSU” entstehen. Neben vielen Anwohner_innen der Nordstadt nahmen auch Migrantenorganisationen und antifaschistische Gruppen an der Demonstration teil. Mit Transparenten und Parolen kritisierten Demonstrationsteilnehmer_innen die Verwicklungen staatlicher Stellen in die Morde.

Abgeschlossen wurde die Demonstration mit einer Kundgebung an der Steinwache. Hier sprachen neben Gamze Kubaşık, der Tochter des Ermordeten, und Vertreter_innen migrantischer Organisationen vor allem zahlreiche Vertreter_innen der Stadtpolitik. In einer bewegenden Rede schilderte Gamze Kubaşık die Zeit nach dem Mord an ihrem Vater und die Lücke, die er in der Familie hinterlassen hat. Sie ging insbesondere auch auf die Verdächtigungen gegen ihren Vater und die daraus resultierende Ausgrenzung der Familie ein.

Von Seiten der Politiker, insbesondere Oberbürgermeister Ullich Sierau, wurde ausführlich die Betroffenheit über das Schicksal der Familie Kubaşık betont. Sierau wandte sich zu Beginn seiner Rede auf Türkisch an die Familie Kubaşık. Er äußerte seine Bestürzung über die Morde und auch die Vorgänge bei ihrer (Nicht-) Aufklärung. Leider kam er dabei über die Formulierung, er wünsche sich Aufklärung nicht hinaus. So thematisierte er etwa die Verstrickung des Verfassungsschutzes in den Aufbau rechter Organisationsstrukturen und die „NSU“-Morde mit keinem Wort. Auch die altbekannte Erzählung vom antifaschistischen Engagement der Stadt Dortmund durfte in seiner Rede nicht fehlen. Das Gedenken an Mehmet Kubaşık wird als Episode in dieser Erzählung jeder notwendigen politischen Konsequenz beraubt.

Wir freuen uns für die Familie Kubaşık, dass nach Jahren der Ausgrenzung nun eine Anerkennung ihres Leids geschieht. Auf die Selbstbeweihräucherung von Gestalten wie unserem Oberbürgermeister können wir aber getrost verzichten. Zu gut ist uns noch in Erinnerung, wie diese Stadt mit unabhängigen Initiativen, z.B. dem Antifacamp im letzten Jahr, umgeht.

Wir fordern die Auflösung des Verfassungsschutzes und eine öffentliche Aufarbeitung seiner Aktivitäten in der rechten Szene!
Wir fordern die Anerkennung aller Opfer rechter Gewalt!

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