Redebeitrag: Klimabewegung & Antifa

[Gehalten am 20.09. bei der Fridays for Future Demo in Schwerte & am 29.11. in abgewandelter Form bei der Demo von FFF-Dortmund]
Warum zur Hölle redet hier eigentlich eine Antifagruppe? In der Tat hat sich nach dem erkämpften Atomausstieg die radikale Linke bis auf einige Ausnahmen und Bewegungen wie Ende Gelände eher aus der Klima- und Umweltpolitik herausgehalten. Das ist vor dem Hintergrund begrenzter personeller Kapazitäten zwar wenig verwunderlich, wenn gleichzeitig Neonazis aufmucken und mit der AfD und dem Rechtsruck der Gesellschaft zusätzliche Problemfelder in den letzten Jahren antifaschistische Schwerpunkte waren. Dennoch müssen wir zugeben, dass das Feld für viele in den letzten Jahren eher als Nebenwiderspruch des Kapitalismus‘ galt. Klima fanden zwar alle wichtig, handelten das Thema in Aufrufen dann aber meist nur in einem Nebensatz ab – „übrigens zerstört der Kapitalismus auch das Klima“ – Ende der Analyse.
Auf der anderen Seite begannen sich große Teile der Umweltbewegung  aus antifaschistischen Bündnissen und Protesten herauszuziehen, nachdem der ökofaschistische Teil der Bewegung kollabiert zu sein schien und die mögliche Unterwanderung durch Neonazis auf den eigenen Demos keine Rolle mehr spielte.
Dabei waren wir in der Vergangenheit in Zeiten von Gorleben- und Wendlandprotesten schon einmal wesentlich besser vernetzt. Und für das Wiederaufleben dieser Vernetzung möchten wir heute plädieren. Angesichts der Dringlichkeit der Klimakrise ist sie bitter nötig. Antifaschismus und Klimapolitik gehen nur zusammen.
 
Fangen wir mit der naheliegenderen Abhängigkeit an: Antifaschismus funktioniert nur solange, (n  wie es möglich ist, auf diesem Planeten zu überleben. Zusätzlich fällt es Rechten leichter, Einfluss zu gewinnen, je weiter sich die Klimakrise verschärft. Denn spätestens dann, wenn beispielsweise das Wasser knapp wird, wenden sich die Menschen eher autoritären Führer*innen zu, die die eigene Lebensgrundlage zur Not auch militärisch gegen „die Anderen“ absichern.
 
Aber auch für eine effektive Klimapolitik liegt die Vernetzung nahe. Zum einen ist der globale Rechtsruck, der in Deutschland sein Rückgrat vor allem in der AfD (oder der CSU?)  findet, die größte Bremse für die dringend benötigten Klimaschutzmaßnahmen. Denn der neoliberale Teil der Rechten von Trump bis Bolsonaro und derzeit auch noch bis zur AfD leugnet konsequent jegliche Verantwortung des Menschen für den Klimawandel und im Zweifel auch diesen selbst. Sie erklären wissenschaftliche Erkenntnisse zu interessengeleiteten Fake News und Verschwörungstheorien und von Ölkonzernen bezahlte Studien zur eigentlichen Wahrheit. Das Zurückdrängen dieser Akteur*innen sollte gemeinsames Anliegen antifaschistischer und klimabewusster Menschen sein.
 
Zum Anderen beginnt auch der völkische Teil der Rechten, sich wieder für die Umwelt und das Klima zu interessieren. Wenig Aufmerksamkeit erhielt die Ankündigung der AfD, an einem eigenen Programm zum Klimaschutz arbeiten zu wollen.       Und damit sind sie nicht allein. Völkische Siedler*innen verbinden im ländlichen Raum ihre Version von Umweltschutz mit rassistischer und antisemitischer Ideologie. Der Einsatz für die Umwelt hilft ihnen hierbei, in den Dörfern Fuß zu fassen. Denn die Umweltbewegung genießt hierzulande zurecht einen guten Ruf. In der Vergangenheit haben Nazis bereits probiert in der Klimabewegung Fuß zu fassen.  Neonazis der Partei Der Dritte Weg solidarisierten sich mit dem Hambacher Forst und die Partei Die Rechte propagiert Umweltschutz als Heimatschutz. Völkische Rechte arbeiten seit Jahren daran, die ökofaschistische Bewegung wieder fit zu machen und tasten sich langsam an die Klimabewegung heran. Diese Bestrebungen sollten frühzeitig unterbunden werden.
 
Denn mit Rechten ist kein fortschrittlicher Klimaschutz zu machen. Nicht nur dass Rassismus und Antisemitismus nirgendwo zu akzeptieren sind – der Nationalismus der Rechten, macht es auch unmöglich, eine wirkliche Antwort auf das globale Problem des Klimawandels zu finden. Auch mit allen „Deutschland zuerst!“-Parolen lassen sich steigende Temperaturen nicht an den Grenzen aufhalten.
 
Zuguterletzt beraubt rechte Ideologie die Klimabewegung auch ihrer stärksten Waffe: der Kritik eines Wirtschafts- und Gesellschaftssystems, dass die Ausbeutung von Mensch und Natur genauso am Fließband produziert wie SUVs. Der menschengemachte Kapitalismus zerstört im Namen von Profit und Wachstum immer mehr unserer Lebensgrundlage. Umweltzerstörung ist nicht etwa das Produkt von individuell schlechtem Verhalten irgendwelcher Bosse, sondern ein Ergebnis der Profitlogik kapitalistischer Ökonomie. Unternehmen, die im täglichen Hauen und Stechen wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Konkurrenz nicht untergehen wollen, suchen zwangsläufig nach Wegen, bei möglichst geringen Kosten in möglichst kurzer Zeit möglichst große Mengen an Gütern zu produzieren und zu verkaufen. Umweltschutzmaßnahmen sind in dieser Rechnung Kostenfaktoren: Angemessene Entsorgung von Abfällen, Technologie zur Vermeidung von Emissionen und so weiter sind nicht umsonst zu haben und drücken so die erwirtschafteten Gewinne – genauso übrigens wie höhere Löhne oder Arbeitsschutzmaßnahmen. Lücken in Umweltschutzgesetzen zu suchen, scheint absurd, lohnt sich aber, wenn sich so ein Vorteil gegenüber Konkurrent*innen gewinnen lässt.
 
Die Kapitalismuskritik der Rechten allerdings erklärt Umweltzerstörung und andere Verwerfungen nicht als Konsequenz der Funktionsweise des Kapitalismus‘, sondern führt diese auf das Verhalten einzelner Personen zurück. Diesen wird ein schlechter, böser Charakter angedichtet, um erklären zu können, warum sie so handeln. Nicht selten werden diese Personen zur verschworenen Gemeinschaft stilisiert, die allmächtig die Geschicke der Welt lenke – der Klassiker ist die rechte Erzählung von der angeblichen jüdischen Weltverschwörung.
Das Versprechen der Rechten ist, dass alles besser werde, wenn diese Clique weggesperrt oder gleich ausgelöscht würde. Ignoriert wird dabei, dass die neuen Bosse denselben Zwängen von Profitlogik und Konkurrenz unterworfen sein werden und schließlich dieselben Schritte unternehmen werden, um den eigenen Laden am Laufen zu halten.
 
Versteht uns nicht falsch: natürlich können, dürfen und sollten auch einzelne Unternehmen oder Einzelpersonen für individuelle Umweltzerstörungen kritisiert werden. Teil dieser Kritik muss allerdings das Bewusstsein sein, dass es die Dynamik kapitalistischer Gesellschaften ist, die solches Verhalten vernünftig erscheinen lässt und auf kurze Sicht auch belohnt.
 
Um zum Schluss zu kommen: Es gibt einen Haufen guter Gründe für Antifas und Klimabewegung sich auszutauschen, zu vernetzen und gemeinsam zu kämpfen. Das wird nicht immer ohne Konflikt und Zwist ablaufen – und das muss es auch nicht. Aber ohne diese Vernetzung setzen wir unsere Zukunft auf’s Spiel. Also: streiten wir gemeinsam für eine Welt jenseits von Kapitalismus, Klimakrise und Rechtsruck!
 
Gehalten am 20.09. bei der Fridays for Future Demo in Schwerte.
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