Heute, anlässlich des 142. Geburtstags des Dortmunders Otto Meinecke, wollen wir an den ehemaligen Feilenfabrikanten erinnern, der im Zuge der geplanten Ermordung männlicher, homosexueller Häftlinge des KZs Sachsenhausen mit mindestens 95 weiteren Opfern zwischen Juni und September 1942 zu Tode kam. Auch in Buchenwald und Ravensbrück wurden in dem Zeitraum besonders viele homosexuelle Männer ermordet. Geboren wurde der Sohn eines Feilenhauers in der Dortmunder Nachbarstadt Witten. Schon bald zog die Familie nach Dortmund. In der Münsterstraße 257 gründete sein Vater eine Feilenfabrik, die sein Sohn Otto Meinecke und dessen Geschwister übernahmen.
Sein letzter Wohnort war in der Kleppingstraße 2. Dort wurde er auch das zweite Mal wegen §175, der sexuelle Handlungen zwischen zwei Männern verbot, verhaftet und erneut in der Steinwache inhaftiert. Von dort wurde er wohl nach seiner Verurteilung in die Justizvollzugsanstalt Hagen/Westfalen gebracht und Anfang des Jahres 1942 nach Sachsenhausen deportiert. Nach einem Erlass von Heinrich Himmler aus dem Jahr 1940 sollten alle homosexuellen Männer, die zweimal nach §175 verhaftet wurden, als „Berufsverbrecher 175“ in „Vorbeugehaft“ genommen werden.
Unter der Häftlings-Nr. 42857 wurde Otto Meinecke im Außenlager Großziegelwerk dem Strafkommando zugewiesen. Häftlinge in Strafkommandos hatten häufig noch härtere Zwangsarbeit zu leisten als andere Inhaftierte und deshalb noch schlechtere Überlebenschancen. Am 13. Juni starb Otto Meinecke mit 61 Jahren vermeintlich bei einem Fluchtversuch. Überlebende berichten allerdings, dass in den Monaten besonders viele, der wegen Homosexualität Inhaftierten unter Vorwänden gezielt ermordet worden seien.
Nur durch Anstrengungen seines Bruder wurden die wurde die Urne seinem Bruder zugestellt und Otto Meinecke konnte im Dortmunder Hauptfriedhof bestattet werden. Heute gibt es kein Grab mehr von Otto Meinecke.
Die Zahlen der von den Nazis ermordeten tatsächlich oder vermeintlich homosexuellen Männer schwankt zwischen 5000 und 15000. Mehr als 50000 wurden durch die NationalsozialistInnen kriminalisiert. In Konzentrationslagern mussten sie den „rosa Winkel“ als Erkennungssymbol tragen. In manchen Konzentrationslagern wurden auch sie Opfer von medizinischen Versuchen etwa um sie von ihrer Homosexualität zu „heilen“.
Der §175 existierte seit der Kaiserzeit und bestrafte sexuelle Handlungen zwischen Männern. Homosexuelle Frauen waren von dem Paragraphen nicht betroffen. Während des Nationalsozialismus‚ wurden sie als „Asoziale“ in Konzentrationslagern inhaftiert. In der Weimarer Republik konnten sich Gegner:innen des Paragraphen nicht durchsetzen. In der BRD wurde der Paragraph noch bis 1969 in der gleichen Form angewandt. Die DDR stellte die Verfolgung in den 1950er Jahren ein, der Paragraph wurde dort 1968 abgeschafft. Erst 1994 wurde der Paragraph nach der Wiedervereinigung endgültig abgeschafft. Die homosexuellen Männer, die während des Nationalsozialismus kriminalisiert worden waren, wurden erst 2002 rehabilitiert. Nach viel zu langer Zeit wurden 2017 dann auch die Urteile, die zwischen 1945 und 1969 gefällt wurden, aufgehoben.
Otto Meinecke war einer von vielen Männern, die im Nationalsozialismus wegen ihrer Homosexualität ermordet wurden. Mit dem Gedenken an ihn wollen wir auch der vielen anderen Männer gedenken, die vor, während und nach dem Nationalsozialismus Opfer homofeindlicher Politik und Verfolgung geworden sind.