Nach versuchtem Brandanschlag: 1.000 Nazigegner auf der Straße

Bild via @Korallenherz

Nach einem versuchten Brandanschlag in der Nacht zum Samstag auf eine Unterkunft für Geflüchtete in Dortmund-Eving (Kemminghausen) sind heute spontan bis zu 1.000 Antifaschist*innen gegen eine kurzfristig angekündigte Demonstration der Partei „Die Rechte“ auf die Straße gegangen. Die Kundgebung konnte nur durch den Einsatz von mehreren hundert Polizisten stattfinden.

Bereits in den vergangenen Tagen hatten mehrere hundert Menschen sich am Bahnhof versammelt, um Geflüchtete, die über Ungarn nach Deutschland gekommen sind, herzlich zu begrüßen. Unter dem Twitter-Hashtag #trainofhopedo hatten „Refugees Welcome Dortmund“, Antifaschist*innen, aber auch viele bisher nicht politisch aktive Bürger*innen in Windeseile praktische Hilfe für die Neuankommenden organisiert. Eine Welle der Solidarität empfing die Migrant*innen, von denen mehrere hundert zum Teil mitten in der Nacht mit Zügen aus München ankamen. Bereits in der Nacht zu Sonntag versuchten Neonazis, die Begrüßung der Geflüchteten zu stören, scheiterten aber an zahlreichen entschlossenen Nazigegnern und mussten schon bald wieder abziehen.

Heute Abend fanden sich bereits eine Stunde vor der angekündigten Kundgebung viele hundert Menschen an der Katharinentreppe ein, um den Neonazis eine deutliche Abfuhr zu erteilen. Unter dem Eindruck der großen Solidarität der Vortage und empört über den Brandanschlag begannen die Nazigegner die Zugänge zum Kundgebungsort der Neonazis zu besetzen. Ein Teil der Gegendemonstrant*innen blockierte den Königswall auf Höhe der U-Bahn Haltestelle Westentor, andere die Kampstraße, nachdem die Polizei sich bis in den westlichen Teil zurückgezogen hatte. Bei dem Versuch, trotz Blockade zum Kundgebungsort zu gelangen, nahm der Lautsprecherwagen der Neonazis Schaden und musste zunächst eiligst weiterfahren.

Nachdem es Nazis und Polizei gelang, den Wagen verspätet auf die Kampstraße zu schleusen, folgte das übliche Programm der Neonazis. Umgeben von mittlerweile 1.000 Gegendemonstrant*innen wurden die üblichen hassgetränkten Parolen ins Mikrofon gebrüllt, eben die Hetze, die andere Rassist*innen dazu motiviert, Unterkünfte für Geflüchtete anzuzünden.

Auch die Abreise der Neonazis gestaltete sich schwierig. Über hundert Polizist*innen gelang es nicht, die aufgebrachte Menge zurückzuhalten. Es flogen Flaschen, und eine Sitzblockade versperrte die Rheinische Straße, so dass der Lautsprecherwagen eiligst wenden musste und schließlich in Richtung Unionstraße davonrauschte. Die Polizei ging hier hart gegen die Antifaschist*innen vor, die sich nach dem Abzug der Neonazis ebenfalls zurückzogen hatten. Dafür gab es umgehend eine Quittung: mehrere Polizeiautos standen hier später mit platten Reifen.

Die Ereignisse der letzten Tage zeigen, wie ein Umgang mit Neonazis aussehen kann. Sowohl Samstagnacht als auch heute haben sich zahlreiche Menschen den Neonazis in den Weg gestellt und sind gegen rechte Propaganda vorgegangen. Zu erklären ist diese Entschlossenheit sicher auch mit der Empörung der Menschen über die rassistischen Brandstiftungen und Angriffe auf Geflüchtete. Diese Empörung kanalisiert sich nicht nur im Vorgehen gegen Neonazis. In Dortmund und vielen anderen Städten sind seit Tagen viele Menschen auf den Beinen, um ihre Solidarität mit den Geflüchteten zu zeigen, die zu Tausenden über Ungarn hierher kommen.

Die große Solidarität mit Geflüchteten ist super! Es ist toll, dass auch „ganz normale Leute“ die Ankommenden begrüßen und mit Wasser, Lebensmitteln und Kleidung versorgen! Ein Lichtblick, angesichts dessen, dass fast täglich irgendwo Brandanschläge auf Unterkünfte für Geflüchtete stattfinden und sich Szenen wie in Freital oder Heidenau ereignen. Trotz dieser Vorfälle sind offene Nazis gesellschaftlich weitgehend isoliert. Niemand mag Nazis. Dennoch gibt es Rassismus aus der Mitte der Gesellschaft. Und während tausende Bürger*innen Wasser, Decken, Kleidung, etc. spenden, erklärt die Bundesregierung weitere Balkanländer zu sicheren Herkunftsländern und lässt sogenannte „Wirtschaftsflüchtlinge“ ungerührt abschieben. Dieser rassistischen Aufteilung in nützliche und überflüssige Migrant*innen gilt es ebenso den Kampf anzusagen wie der offenen Hetze der Nazis!

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