Kundgebung gegen Die Verschärfung des Versammlungsgesetzes
Sa. | 27. März | 17 Uhr | Reinoldikirche
Aufruf des Bündnis #NoVersGDo:
Inmitten einer globalen Pandemie und den damit verbundenen „Grundrechts“–Einschränkungen plant die NRW-Landesregierung ein neues Gesetz. Statt sich aber etwa um gerechte Löhne in der Pflege oder eine Absicherung von prekär Beschäftigten und Selbstständigen zu kümmern, geht die Regierung den Weg weiterer Verschärfungen von Sanktionsmitteln und damit einhergehend einer massiven Beschneidung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit, indem sie ein neues Versammlungsgesetz für NRW einführen will, welches mehr legitime Veranstaltungsformate verhindern als ermöglichen soll. Damit setzt sie den autoritären Kurs gegen jede unliebsame Meinung fort, welcher sich schon im April 2018 mit dem neuen Polizeigesetz klar zeigte.
Es droht der Notstand für den Grundrechtsparagrafen 8, das Recht auf Versammlungen. Dieser Teil des Grundgesetzes geriet in das Visier speziell der CDU/FDP-Koalition, welche überzogene vermeintliche „Sicherheits“-Argumente als generellen Vorwand nutzt, um unzählige Rechtseingriffe zu rechtfertigen und Bürger:innen in ihrem Sinne möglichst weitgehend zu entmündigen.
Konkret wird mit dem schwarz-gelben Gesetzesentwurf, der im Januar ins Parlament eingebracht wurde, der rote Teppich ausgerollt für das Verbot von fast jeglicher Art von (unliebsamem) Protest. So soll beispielsweise schon die nicht erhebliche Störung einer Versammlung nach dem Gesetzesentwurf eine Straftat darstellen. Bei den Formulierungen bleibt sich die Landesregierung selbst treu und setzt, wie auch schon beim neuen Polizeigesetz NRW (PolGNRW), auf diffuse Phrasen. Diese geben keine genauen Kriterien an und würden die Entscheidung, ob eine Versammlungsbeteiligung oder Protesthandlung rechtens oder strafbar ist, in den Ermessensspielraum der Polizei legen – und Willkür so Tür und Tor öffnen. So würde das Gesetz beispielsweise schon erlauben, Menschen, die nur mit einer Trillerpfeife neben einer Nazi-Demo stehen, um ihren Unmut zum Ausdruck zu bringen, festzunehmen und anklagen zu lassen.
Die Beschneidung der Versammlungsfreiheit per Gesetz zeigt sich nicht nur in der Schaffung neuer Straf- und Ordnungswidrigkeitsdelikte und der Anhebung von Strafmaßen, sondern insbesondere auch in Maßnahmen wie dem geplanten „Militanzverbot“, welches ausdrücklich darauf abzielt, weitreichend legitime Formen zivilen Ungehorsams zu verbieten, indem dem Tragen einheitlicher Kleidung wie z.B. Maleranzügen eine Gewaltbereitschaft unterstellt wird. Und selbst friedliche Versammlungen sollen zukünftig von der Polizei sehr leicht unterbunden und kriminalisiert werden können. Wo es bisher noch untersagt war, friedliche Versammlungen abzufilmen, sollen zukünftig unter dem Vorwand von Übersichtsaufnahmen zur Lenkung und Leitung alle Teilnehmer:innen gefilmt werden dürfen. Darüber hinaus ist geplant, personenbezogene Daten nicht nur von Versammlungsleiter:innen sondern auch von Ordner:innen im Vorfeld polizeilich erheben und abgleichen zu lassen. Neben der Einschränkung der einzelnen Freiheitsrechte zwingt das Organisator:innen wie Mithelfende also voraussichtlich, bereits vorab verbindlich festlegen zu müssen, wer bei einer Versammlung sicher anwesend ist und welche Aufgabe übernimmt.
Andere Punkte, die aktuell gültig sind, lässt der neue Entwurf allerdings vermissen. So müssten sich zivile Polizeibeamt:innen zukünftig nicht mehr bei der Versammlungsleitung melden, sondern dürften sich verdeckt unter Versammlungen mischen. Dadurch wird das in der Verfassung vorgesehene Trennungsgebot von polizeilichen und nachrichtendienstlichen Formen staatlichen Agierens weiter aufgeweicht und weitreichend in den Meinungsbildungsprozess einer Versammlung eingegriffen.
Die versammlungsfeindliche Haltung der schwarz-gelben Landesregierung wird auch in den Begründungen des Gesetzes deutlich. So soll das neue Gesetz die seit Ende der 80er Jahre maßgebliche Interpretation der Versammlungsfreiheit, wie sie durch das „Brokdorf Urteil“ erfolgt ist, kassieren. Diesem Urteil des Bundesverfassungsgerichts folgend müssen Versammlungen grundsätzlich staatsfreien Charakter haben und dürfen nicht durch staatliche Überwachungsmaßnahmen eingeschüchtert oder anderweitig beeinflusst werden. Das Bundesverfassungsgericht maß Versammlungen eine zentrale Bedeutung für die parlamentarische Demokratie bei, insofern sie als „ein Stück ursprünglich-ungebändigter unmittelbarer Demokratie, das geeignet ist, den politischen Betrieb vor Erstarrung in geschäftiger Routine zu bewahren“ bezeichnet wurden. In der Begründung des Gesetztesentwurfs wirft die CDU/FDP–Koalition dem Gericht allerdings vor, einer „Überrepräsentation von Versammlungsereignissen“ aufgesessen zu sein. Dies macht deutlich, dass es bei Weitem nicht um kleinere Änderungen an bestehenden Regelungen des Versammlungsrechts geht. Vielmehr stellt das geplante Gesetz in NRW einen Frontalangriff auf die grundgesetzlich verankerte Versammlungsfreiheit im Ganzen dar – durch die Einschränkung, Bestrafung und Verunmöglichung derselben.
Dieser beabsichtigte Angriff auf die Versammlungsfreiheit ist nicht tolerierbar!
Ein solcher Demokratieabbau in anderen Ländern wird durch deutsche Politiker:innen und Parteien – absolut zurecht – fortwährend als autokratisch bezeichnet und angeprangert. Daher kann es nicht sein, dass mitunter dieselben Parteien nun hierzulande die Versammlungsfreiheit als Grundrecht in einer so massiven Form beschneiden wollen! Dies käme einem Demokratieverfall wie in Polen oder Ungarn gleich.
Wir fordern daher: Keine versammlungsfeindlichen Eingriffe in unsere Grundrechte!
Versammlungen sind Basis der politischen Meinungsbildung und dürfen nicht auf eine solche Weise eingeschränkt werden!
Kommt deshalb zur Dortmunder Kundgebung gegen die Verschärfung des Versammlungsgesetzes:
27.03.2021 | 17:00 Uhr | Reinoldikirche (Nordseite)
Gemeinsam werden wir uns diesem Entwurf entgegenstellen.